Sex, Lügen und Julian Assange

Lesezeit ca. 5 Min.

Wenn man sich mit dem Fall Julian Assange beschäftigt, wird einem schnell klar, dass hier eine Art Hetzjagd auf einen Journalisten veranstaltet wird. Wikileaks hat offenbar für die Mächtigen der Welt zu viele zu unangenehme Wahrheiten ans Licht gebracht. Eine N24-Reportage vom 28.12.2012 mit dem Titel „Sex, Lügen und Julian Assange“ beleuchtet vor allem die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Julian Assange …

Inhalt

Links

Vorwort

Die Vorwürfe zur Vergewaltigung stammen bereits aus dem Jahre 2010. Die schwedische Staatsanwaltschaft hat die Vorwürfe vor einiger Zeit fallen lassen. Die Vorwürfe hielten sich jedoch jahrelang in der Presse und im öffentlichen Bewusstsein, sodass es sich auch jetzt im Sinne der Aufklärung noch lohnt, sich die Fakten von damals anzusehen.

Von 2012 bis 2019 saß Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft fest. Der UN-Sonderberichterstatter für Folter Nils Melzer spricht Ende 2019 von messbaren Symptomen für psychische Folter und der Gefahr, dass Assange in Gefangenschaft stirbt, wenn nicht die Haftbedingungen gelockert werden und Assange entsprechend medizinisch behandelt wird.

Obwohl er nur noch auf das Auslieferungsverfahren wartet und ihm ansonsten weder seitens Großbritannien noch seitens Schweden etwas zur Last gelegt wird, sitzt er im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Isolationshaft und sein Gesundheitszustand verschlechtert sich zusehends.

Trotz der Aufklärung über schwerste Menschenrechtsverbrechen der USA und einer anfänglichen intensiven Zusammenarbeit mit den großen Zeitungen der Welt, schwindet der Rückhalt dieser Medien allmählich und es werden immer mehr Anschuldigungen ggü. Assange laut.

Um zu überprüfen, wie stichhaltig diese Vorwürfe sind, lohnt es sich, einen genaueren Blick auf den Hauptvorwurf – die Vergewaltigung von zwei schwedischen Frauen – zu werfen.

Chronologischer Ablauf

  • 11.08.2010: Julian Assange reist zu einer Konferenz nach Schweden. Als Unterkunft wird ihm das Appartement von A. A. angeboten, die zu der Zeit nicht anwesend ist.
  • 13.08.2010: A. A. kehrt einen Tag früher zurück als geplant und es kommt zum Sex zwischen ihr und Julian Assange. A. A. behauptet später gegenüber der Polizei, Assange habe an diesem Abend Gewalt angewendet und sich geweigert, ein Kondom zu verwenden.
  • 14.08.2010: Assange spricht auf der besuchten Konferenz. A. A. ist ebenfalls anwesend, genauso wie S. W., mit der er später ebenfalls Sex hat. Nachmittags organisiert A. A. ein traditionelles schwedisches Krebsessen für Julian Assange. Sie twittert: „Sitzen um 2 Uhr morgens draußen und frieren fast gar nicht mit den coolsten und klügsten Leuten. Es ist super!“ Ein Gast sagt aus, es sei ein sehr herzlicher Abend gewesen. Als dieser Gast Assange einen Schlafplatz anbietet, habe A. A. geantwortet: „Er kann bei mir schlafen“.
  • 15.08.2010: Dinnerparty im Glenfiddich. Assange kommt in Begleitung von A. A. und verlässt die Party auch wieder mit ihr. Auch in dieser Nacht schläft Assange bei ihr.
  • 16.08.2010: schläft Assange bei S. W. und hat ebenfalls Sex mit ihr. A. A. weiß lt. Polizeibericht davon.
  • 17.08.2010: Ein Zeuge fragt A. A., wo Assange sei. Sie antwortet: „Er ist nicht hier. Er wollte schon die ganze Zeit mit diesem Cashmere-Mädel schlafen. Vielleicht hat es ja gestern endlich geklappt.“ Auf die Frage des Zeugen, ob er ein neues Quartier für Assange suchen solle, antwortet sie: „Er schläft nachts nicht und hat ein kleines Hygieneproblem, aber es ist ok, dass er hier wohnt, kein Problem!“
  • 19.08.2010 Assange verlässt das Appartement von A. A.
  • 20.08.2010: A. A. und S. W. gehen zur Polizei, nachdem sie in den Tagen davor einige Nachrichten ausgetauscht hatten. Sie wollten sich bei der Polizei erkundigen, ob man Julian Assange notfalls zwingen könnte, sich medizinisch auf Geschlechtskrankheiten untersuchen zu lassen, erstatteten aber keine Anzeige. Während der Aussage Wilèns informiert die Polizei die beiden, dass sie Assange wegen des Verdachts auf Vergewaltigung und sexueller Belästigung festnehmen und verhören wollten. Daraufhin bricht S. W. ihre Aussage ab und weigert sich, das bisher Gesagte zu unterschreiben.
  • Karin Rosander (Sprecherin der schwedischen Staatsanwaltschaft) sagt: Nach einem Anruf der Polizei habe der Staatsanwalt beschlossen, Assange in Abwesenheit zu verhaften. Assange sei nicht kontaktiert worden
  • eine höhere Staatsanwältin weist den Vorwurf der Vergewaltigung zurück, der der sexuellen Nötigung bleibt bestehen
  • Während Assange noch nichts von den Vorwürfen weiß, weiß der Rest Schwedens innerhalb von Stunden Bescheid. Die Aussagen Ardins und Wilèns wurden dem Boulevardblatt „Expressen“ zugespielt. Schlagzeile: „Assange wegen Vergewaltigung in Schweden gejagt“
  • 30.08.2010: Assange meldet sich freiwillig bei der Polizei, sagt aus, äußert aber auch die Sorge, dass jedes seiner Worte dem „Expressen“ zugespielt werden könnte. Der vernehmende Beamte sagt: „Ich werde nichts durchsickern lassen“, doch das Gespräch wird wiederum sofort im „Expressen“ veröffentlicht. Es wird keine Anzeige erstattet.
  • 15.09.2010: Die Staatsanwaltschaft teilt Julian Assange mit, er dürfe Schweden verlassen.
  • 27.09.2010: Assange verlässt Schweden und reist zurück nach London. Zu dieser Zeit arbeitet er mit dem Guardian und der britischen Times zusammen. Wikileaks sowie die Zeitungen veröffentlichen die Irak-Protokolle
  • Die schwedische Staatsanwaltschaft erlässt erneut Haftbefehl gegen Julian Assange, aber einen besonderen: Es wird eine „red notice“ bei Interpol erwirkt. Lt. Assanges Rechtsberatin Jennifer Robinson ist diese normalerweise Terroristen und Diktatoren vorbehalten. Zum Vergleich: Für Bashar al Assad gibt es keine „red notice“ und für Muammar al-Ghaddafi gab es nur eine „orange notice“ bei Interpol.
  • Mai 2012: Der US-Botschafter in Australien sagt, die USA seien an einer Auslieferung Assanges nicht interessiert: „Das ist kein Anliegen der USA, wir sind nicht involviert. Davon abgesehen hat Schweden ein sehr viel loseres Auslieferungsabkommen mit den USA als Großbritannien. Das ist nur Gerede ohne Substanz.“
  • Mai 2012: Mehrere Personen, die mit Assange Kontakt hatten, werden offenbar vom FBI bzw. von der amerikanischen Heimatschutzbehörde unter die Lupe genommen:
    • Smári McCarthy, ein isländischer Aktivist, wird auf der Reise nach Washington abgefangen und zu Assange befragt
    • Auch Jérémie Zimmermann (französischer Aktivist) wird in Washington von zwei Männern auf seine Verbindungen zu Wikileaks angesprochen und es wird versucht, ihn einzuschüchtern
    • Jennifer Robinson (australische Rechtsberaterin Assanges) wird in Heathrow zunächst der Checkin für den Flug zurück in ihr Heimatland verwehrt. Der Grund dafür war, dass ihr Pass auf einer „Sperrliste“ stand. Daher brauchte sie die Genehmigung des australischen Hochkommissariats. Der Begriff „Sperrliste“ wird dabei gar nicht von australischen Behörden verwendet, wohl aber von der amerikanischen Heimatschutzbehörde.
  • Juni 2012: Assange ist sich sicher, in Schweden keinen fairen Prozess erwarten zu können. Mit der Garantie nicht an die USA ausgeliefert zu werden (die zu dem Zeitpunkt noch keinen Auslieferungsantrag gestellt hatten), wäre er seiner Aussage zufolge zurück nach Schweden gereist. Er beantragt Asyl in der ecuadorianischen Botschaft und nimmt Kontakt zu Andrew Fowler (Guardian) auf. „Die schwedische Regierung hatte erklärt, mich ohne Anklage inhaftieren zu wollen. Am selben Abend wollte mir der Sicherheitsdienst eine weitere Fußfessel anlegen, als Routinemaßnahme. Das erschien mir seltsam.“ „Am nächsten Tag beantragte die Staatsanwaltschaft, meine Frist, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen, umgehend auslaufen zu lassen.“ „Das wäre das Ende. Ich würde von Gefängnis zu Gefängnis gereicht.“

Resümee

Der Fall Assange strotzt vor Ungereimtheiten und Präzedenzfällen, wobei ich mich nicht nur auf diese Reportage beziehe.

Eine Reportage ersetzt kein Gerichtsverfahren. Ist es jedoch denkbar, dass eine vergewaltigte Frau ihren Vergewaltiger noch 6 Tage lang bei sich übernachten lässt und verschiedene Anlässe und Partys mit ihm besucht? Wieso erlässt die Staatsanwaltschaft Haftbefehl, obwohl seitens der Frauen keine Anzeige vorliegt? Wieso lässt die Staatsanwaltschaft den Haftbefehl wieder fallen und erlässt ihn anschließend erneut, um Assange wenig später per Interpol suchen zu lassen?

Schließlich hat die Staatsanwaltschaft die Voruntersuchung endgültig eingestellt, allerdings erst nachdem Assange schon 7 Jahre in der ecuadorianischen Botschaft gefangen war und die USA so lange auf Ecuador einwirken konnten, bis sie Asyl und Staatsbürgerschaft zurückgezogen haben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d